Wer hätte das am Anfang gedacht? Da liegt so ein geniales Angebot vor – modernste Glasfaser bis ins Haus. 100 MBit/s symmetrisch, vernünftiger Preis und keine Installationskosten für die neue Technik. Wunderbar, was will man mehr. Einziger “Haken” – 40% aller Haushalte deiner Gemeinde müssen unterschreiben. Kein Problem denkst du dir. So oft wie deine Freunde und Bekannten über die schlechte Internetanbindung meckern, wird das ein Selbstläufer werden.

Dir sind die Vorteile der neuen Technik sofort klar. Richtig große Bandbreite und das sogar symmetrisch, sprich im Download und im Upload. Kein Getröpfel mehr aus der Leitung “mit bis zu 16 MBit/s”, wovon nur 5 MBit/s ankommen. Ultrakurze Pingzeiten im einstelligen Bereich versetzen die Spielfreunde in Entzücken. Keine Verluste mehr durch lange Leitungen zur Verteilung – das spielt bei Glasfaser praktisch keine Rolle. Innerorts sowieso nicht. Und die 100 MBit/s sind nur der Anfang! Du kannst schon heute 200 oder 500 MBit/s buchen. Greifst du tiefer in die Tasche, kannst du auch 1.000 MBit/s buchen – 1 GBit/s – der Wahnsinn! Wer kann da schon nein sagen?

 

16 MBit/s für 5 Personen reichen locker…

Total euphorisch und völlig überzeugt von der Glasfaser unterschreibst du deinen Vertrag und träumst schon von “endloser Bandbreite” in wenigen Monaten. Sofort gehst du rüber zu deinem Nachbarn, schließlich lag so ein Werbeflyer in jedem Briefkasten. Den muss er gesehen haben. Du klingelst und sprichst ihn mit großen Augen auf das super Angebot im Flyer an! Und dann… ja, dann kommt seine Antwort: “Ach ja das… hab’ ich gesehen – und weggeworfen. Brauch ich nicht. 16 MBit/s reichen mir!”

WIE BITTE – 16 MBit/s reichen? Für einen 5-Personen-Haushalt?

Nachdem du über den ersten Schrecken einer solchen Ignoranz hinweg gekommen bist, schnappst du dir deine Sporttasche und fährst erstmal zum Sport. Bisschen Ablenkung tut gut. Und siehe da … Herr Meyer ist auch da. Der lamentiert jedes Mal über seine langsame Internetverbindung und das da “jemand mal was machen müsste”. PERFEKT – der hat sicher schon unterschrieben. Du schmeißt deine Sporttasche in die Ecke, erstmal die wichtigen Dinge klären. Mit großen Schritten gehst du auf Ihn zu und sprichst ihn auf das Thema an. Und wieder folgt die Ernüchterung auf dem Fuß “Ja … hab ich gesehen und mir gleich mal durchgerechnet. Kostet 1,50 EUR mehr, als mein aktueller Vertrag – das ist viel zu teuer! Ich zahle nicht mehr als jetzt!”.

1,50 EUR Aufpreis für DIE Technik der Zukunft ist zu viel? Du bist fassungslos.

 

Mehr als 50 MBit/s braucht nun wirklich niemand!

OK, OK. Sport fällt heute aus. Also lädst du dich selbst auf ein Bier bei deinem besten Kumpel ein. Das musst du ihm erzählen! Du fährst hin, klingst und er bittet dich sofort rein. Statt Bier gibt’s allerdings einen Tee – denn du siehst ziemlich blass aus. Du erzählt von deinem Nachbarn und Herrn Meyer vom Sport – diese Ignoranten. Da lenkt dein Freund verständnisvoll ein – ja die(!) müssten wirklich unterschreiben, da hast du Recht. ABER! Er selbst braucht es auch nicht. Schließlich hat sein Neubaugebiet satte 50 MBit/s, mehr ist wirklich nicht notwendig – selbst in den nächsten Jahren nicht. Außerdem würde dann die Straße wieder aufgerissen und vermutlich müsste ein weiteres Loch in seinen Neubau gebohrt werden. Nein lass mal lieber.

Du schlürfst den Tee aus und fährst wieder heim. Ziemlich enttäuscht schnappst du dir daheim den Flyer, schmeisst dich auf’s Sofa und liest ihn nochmals durch. So ein geniales Angebot – kein Haken, außer den 40 %. Aber keiner sieht die Notwendigkeit für den Glasfaserausbau.

Spätestens jetzt kommt der Augenblick, in dem dir dämmert: Das wird nix werden! Wenn alle so denken, bekommt deine Gemeinde niemals die 40% zusammen! Und dein bunter Glasfaser-Traum zerplatzt wie eine Seifenblase. Dir dämmert, dass du es selbst in die Hand nehmen musst, um das Ziel zu erreichen!

 

“Glasfaser für Dich!” im Zeitraffer

Und jetzt? Mit etwas Glück bist du dann auf diesen Blog und die Artikelreihe “Glasfaser für Dich!” gestoßen. Dann liegen jetzt ziemlich anstrengende Wochen liegen hinter dir – ich weiß, wovon ich rede!

Der Weg ist oftmals der gleiche:

Teil 1: Zunächst reift die Erkenntnis, dass du den FTTH-Ausbau in Eigenregie vorantreiben musst. Von selbst wird das nichts werden. Viele Bürger sind der neuen Technik gegenüber nicht offen eingestellt und sehen die sich bietenden Chancen nicht. Eine Bürgerinitiative, welche sich für das Thema einsetzt und vorantreibt wäre eine gute Möglichkeit.

Teil 2: Du merkst schnell, dass du es alleine nicht schaffen wirst. Es sind einfach zu viele Aufgaben und Dinge zu erledigen, in der Regel neben deinem Hauptjob in der Freizeit. In deinem Umfeld machst du dich auf die Suche und fragst, wer sich einbringen könnte. Wenn es gut läuft, finden sich rasch einige Mitstreiter und ihr stellt gemeinsam die Bürgerinitiative auf die Beine.

Teil 3: Damit das ganze nicht unkoordiniert abläuft, verteilt ihr die Aufgaben nach den jeweiligen Möglichkeiten der Mitglieder. Jeder hat seine Stärken und kann sich entsprechend einbringen. Moderne Tools wie WhatsApp, Doodle & Co helfen, euch besser intern zu vernetzen.

Teil 4: Natürlich gehört ein Internetauftritt euer Bürgerinitiative dazu. Die Technik ist ziemlich schnell einsatzbereit, aber welche Inhalte gehören auf die Homepage? Gemeinsam legt ihr die Inhalte fest und füllt die Seite mit Leben. Euer Schaufenster nach draußen ist fertig, jetzt können die Bürger kommen.

Teil 5: So richtig Schwung kommt aber erst durch die sozialen Medien wie Facebook in die Sache. In eurer Facebook-Gruppe ladet ihr alle Bekannten und Freunde ein. Die Gruppe wächst und wächst. Entgegen eurer Erwartung sind nicht alle Bürger begeistert von der neuen Technik. Auch negativen Stimmen machen sich in der Gruppe breit und vermiesen die positive Stimmung. Solche Trolle gibt es überall, aber ihr habt den Dialog im Griff.

Teil 6: Langsam steigt die Vertragsquote, aber der richtige Durchbruch fehlt bislang. Bei genauem Hinsehen fällt euch auf, dass ihr bislang immer nur versucht mit Argumenten zu überzeugen. Glasfaser ist zwar ein technisches Thema, aber mit unglaublich viel Emotionen aufgeladen. Ihr versucht Emotionen bei den Bürgern zu wecken und so mehr Bürger zu erreichen. Schließlich hängt die Zukunft eurer Gemeinde davon ab! Mit Erfolg, es werden langsam mehr.

Teil 7: Aber trotz aller Bemühungen kommt die Sache noch nicht so richtig in Fahrt. Scheinbar erreicht ihr über das Internet noch lange nicht alle Bürger. Ihr erkennt, dass auch die Zielgruppe außerhalb des Internets angesprochen werden muss. Ihr veranstaltet regelmäßige Bürgersprechstunden und seid mit eigenen Infoständen auf lokalen Veranstaltungen vertreten. Die Bürger finden auch offline den Weg zu euch. Durch die Verteilung von Flyern steigert ihr euren Bekanntheitsgrad weiter.

Teil 8: Noch immer geht es nur mit mäßigem Tempo weiter. Alleine werdet ihr es trotz allem Engagement nicht schaffen. Multiplikatoren sind die Lösung. Bekannte Mitbürger, deren Meinung geschätzt wird, setzen sich für eure Bürgerinitiative ein und vervielfachen euren Arbeitseinsatz. Aber auch ein jeder selbst kann Multiplikator sein. Ihr fordert die Bürger kontinuierlich auf, selbst mit Nachbarn, Freunden und Arbeitskollegen über das Thema zu sprechen. Und siehe da… jetzt läuft die Sache.

Teil 9: Die Politik hat sich bislang eher aus dem Thema raus gehalten. Ihr geht auf die lokalen Akteure zu und sucht den Dialog. Für das Glasfaserprojekt muss die Politik ein Zeichen setzen und gemeinsam, sprich parteiübergreifend mit einer Stimme sprechen. Schließlich redet die Politik immer von der “Gigabitgesellschaft” und wie wichtig diese für Deutschland ist. Die Message kommt bei den Bürger an. Ihr biegt auf die Zielgerade ein.

 

Überall das Gleiche …

Der Verlauf ist sehr ähnlich. Bei allen Bürgerinitiativen die wir bislang unterstützt haben, konnte man sehr viele Parallelen feststellen. Die Skepsis der Bürger, die fehlende Bereitschaft zu wechseln, das fehlende Verständnis für die Unterscheidung in der Technik – schließlich ist Vectoring doch auch Glasfaser!

Was auch stets gleich ist, ist die Euphorie der Initiatoren einer Bürgerinitiative. Alles Überzeugungstäter, die voll hinter Sache stehen und die Notwendigkeit des FTTH-Ausbaus glasklar vor Augen haben. In intensiven Gesprächen geben wir gerne uns Erfahrung weiter und sehen dann in die stets gleichen ungläubigen Gesichter.

Verständnislos wird dann erwidert, dass das Produkt FTTH so gut und das Angebot so einmalig ist – und der Preis ist auch OK! Da muss man doch zugreifen. Nein, nein… in ihrer Gemeinde läuft das anders. Die Bürger wollen das haben und werden sicherlich rasch unterschreiben!

Dann kommt die Realität mit vollem Schwung! Harte Wochen mit viel Frustration und noch viel mehr Arbeit liegt jetzt vor den frisch gegründeten Bürgerinitiativen – und das alles parallel zum Hauptjob.

Gerne Abends, da ist ja noch ein bisschen Zeit!

  • Veranstalten von Bürgersprechstunden… die oftmals schlecht besucht sind
  • Stundenlange, intensive Gespräche zu Grundsatzfragen
  • Technische Fragen klären (Ja, die FritzBox kann bleiben …)
  • Admins verjagen die Trolle auf Facebook
  • Kontakt zur Presse und TV aufbauen
  • Gespräche mit der Lokalpolitik
  • Zum 1.000sten Mal die Gebetsmühle gedreht… Ja, ich weiß die Telekom baut auch aus, aber… Nein, Vectoring ist keine Glasfaser!
  • Die Nachbarn überzeugen, bitte doch auch zu unterschreiben und als Multiplikator das Thema zu pushen
  • Artikel für Facebook und Homepage schreiben
  • Und weil man euch irgendwann kennt, nochmals schnell die grobe Netzwerkplanung beim Supermarkt an Wursttheke erklären (… alles da gewesen …)

Und wenn’s ganz schlecht läuft, kommt man gegen 22:30 heim und der (Ehe)Partner fragt mit leicht vorwurfsvoller Stimme und hochgezogener Augenbraue: “Und… wie lange geht dieses Glasfaser-Thema noch?” Antwort: “Keine Ahnung, fehlen noch ein paar Prozente!”

 

Danke – Danke – Danke

Ein ganz besonderer Dank geht an dieser Stelle an unsere Ehefrauen/-männer und Kinder die im Sommer 2016 nur ein Thema zu hören bekamen: Glasfaser, Glasfaser und nochmals Glasfaser. Wir wissen, das war teilweise schon grenzwertig. Und einen spezieller Dank an meine Frau Gabi! Denn hier zuhause ging das Thema noch weiter. Ohne ihr Verständnis für die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Glasfaserausbaus hätte ich auch nicht die Möglichkeit gehabt, diesen Blog ins Leben zu rufen!

 

Die Kernbotschaft:
Weitermachen – Vollgas geben – immer! Es geht nicht anders!

Von alleine kommt also die Glasfaser nicht in eure Gemeinde. Es wird auch niemand mit vollem Geldsack in der einen und freiem Terminkalender in der anderen Hand bei dir klingeln und fragen, wann es denn am besten passt. Es ist euer Job das Thema zu pushen und durchzuziehen!

  • Lasst euch nicht von Nörglern und Trollen abhalten. Es gibt immer Mitbürger, denen man es nicht recht machen kann – wie bei jedem Thema im Leben. Negative Stimmen müsst ihr ausblenden, mit Scheuklappen einfach eure Sache durchziehen – vom Anfang bis zum Ende!
  • Auch 2017 wird noch immer aktiv gegen FTTH gearbeitet! Es werden “Werbepartner” – spitzer formuliert “Drückerkolonnen” – kommen, um die Bürger vom Gegenteil zu überzeugen und auf der Kupfertechnik zu halten! Nur aufgeklärte Bürger fallen nicht darauf rein! Das ist euer Job! Und es wird auch 2018, 2019, 2020 so bleiben – denn es geht auch um viel Geld und Marktanteile für die Firmen!
  • Gebetsmühlenartig müsst ihr immer die gleiche Message senden – Glasfaser, Glasfaser, Glasfaser!
  • Immer am Ball bleiben – nie von den Zahlen demotivieren lassen. Die entscheidenden Prozente kommen erst am Ende – egal wie lange die Phase davor ist.
  • Nur ihr alleine schafft es – sonst niemand! Bei dieser Aussage bleibt es! Die Situation bei den Förderbedingungen ist noch immer sehr komplex. Der schnellste Weg zum Ziel sind weiterhin privatwirtschaftliche FTTH-Projekte mit zahlenden Kunden – so einfach ist das.
  • Ihr habt euer Glück selbst in der Hand. Aber jeder muss mit anpackenhoffen reicht da nicht! Und jeder muss selbst zum Multiplikator und Motivator werden – die Masse macht’s!
  • Und als letztes, ohne dass ich Druck aufbauen will, aber: IHR MÜSST ES SCHAFFEN! Wenn ihr es mit eurem FTTH-Projekt nicht schafft und das Ziel für den Ausbau nicht erreicht, dann kommt erstmal kein anderer Anbieter mehr – auf Jahre! Warum auch? Ihr habt dann sauber dokumentiert, dass eure Gemeinde kein Interesse an dem Thema hat. Für die Technologie-Anbieter ist das nicht weiter schlimm, denn die Nachfrage ist grundsätzlich da – sie werden weiterziehen, es gibt genug zu tun.
    Aber auch diejenigen, die heute 16 MBit/s für ausreichend halten, werden dann gekniffen sein – und das schon in kurzer Zeit!

 

Das Wichtigste zum Schluss!

Obwohl eigentlich ein technisches Thema, sind beim Glasfaserausbau erstaunlich viele Emotionen im Spiel. Und das von allen Seiten. Da können durchaus schon mal hitzige Diskussionen entstehen und gegensätzliche Meinungen aufeinander treffen. Daher nimm dir bitte die beiden Punkte zu Herzen – denn auch nach dem FTTH-Projekt möchtest du ja mit deinen Mitbürgern und deiner Familie gut zusammenleben.

  • Trotz allem Ärger, Frust und hitzigen Diskussionen bitte immer locker bleiben! Auch wenn es manchmal schwer fällt – es ist “nur” Glasfaser! Durchatmen und bis 10 zählen!
  • Kümmert euch um eure Familie – das Thema wird irgendwann nerven – 100%ig. Nehmt zwischendurch auch mal eine Auszeit von der Glasfaser. Sonst lauft ihr heiß!

Und wenn es geschafft ist und ihr erfolgreich wart, dann heißt es natürlich auch feiern. Genießt euren Erfolg und klopft euch selbst auf die Schulter – das war ein wirklich hartes Stück Arbeit! Langweilig wird es danach übrigens auch nicht. Die Bürgerinitiativen bleiben natürlich auch später für die Bürger da und begleiten den Ausbau.

Blümchen werden umgeknickt, Termine werden verschoben, Straßen nicht sofort wieder in den Ursprungszustand versetzt, Kabel werden getroffen… kann und wird alles passieren.

Und dann kommen sie wieder: Die kritischen Stimmen und die verjagten Trolle – sie wussten es gleich, dass es nichts wird! Aber auch diese Phase werdet ihr dann meistern!

Was folgt ist, Ruhe beim Thema Breitbandausbau, zumindest in eurer Gemeinde. Ich schätze für die nächsten 20 Jahre. Was danach kommt, kann heute noch niemand sagen.

Ich wünsche allen kommenden Bürgerinitiativen viel Erfolg bei ihren Projekten! Die Zeit arbeitet für euch, denn die Notwendigkeit für stetig größere Bandbreiten wird immer stärker werden! Also klärt die Bürger über die Vorteile der Glasfaser-Technik auf!

Denn soviel ist klar: Glasfaser ist HEUTE!

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Letzter Teil der Artikelserie ‚Glasfaser für Dich!‘

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