“Glasfaser? Brauch ich nicht. 16 MBit/s reichen mir!” – Wie oft habe ich diesen Satz während der Nachfragebündelung von meinen Mitbürgern gehört. Manchmal habe ich mir gewünscht, dass sie mir es unterschreiben.
Bleib’ du bei Kupfer und genieße deine 16 MBit/s – wir kümmern uns darum, dass dich niemand mehr belästigt. Weder jetzt noch in 5, 10 oder 15 Jahren wirst du Glasfaser bis in Haus benötigen – 16 MBit/s reichen locker!
Gedanklich gehe ich in solchen Situation 15 Jahre zurück – was war da Stand der Technik? In meinem Fall war es DSL 2.000 mit rund 2 MBit/s in Düsseldorf – damit war aber ich schon ganz weit vorne dabei. Ein Großteil der deutschen Bevölkerung ging noch mit Modem online – oder gar nicht.
Die analoge Übertragung per Modem war da schon ziemlich ausgereizt. Entweder analog per Modem mit 56 KBit/s (0,056 MBit/s) oder digital per ISDN mit 64 KBit/s (0,064 MBit/s). Wer es auf die Spitze treiben wollte, nutzte Kanalbündelung bei ISDN was 128 KBit/s und damit 0,128 MBit/s entsprach. Doppelte Geschwindigkeit hieß in dem Fall aber auch doppelte (Telefon-)Kosten!
Nochmals 15 Jahre zurück und ich bin mitten in den 80ern. 1987 war ich bereits online, mit einem Gerät was heute nur wirkliche Nerds kennen – einem analogen Akustikkoppler.
Ich war Mitte der 80er Schüler und nutzte den heimischen Telefonanschluss für die Reisen zu den Computern überall in ganz Deutschland. Das Internet wie wir es heute kennen, war damals noch nicht existent. Sogenannte Mailboxen, Programme auf anderen Rechnern, sorgten für die Einwahl und die Verbindung. Beliebt waren Funktionen wie “schwarze Bretter” zum Informationsaustausch und die Bereitstellung von Software zum Download.
Mein erster Akustikkoppler war das Modell dataphon s21-23d und hatte die sagenhafte Übertragungsrate von 300 Bit/s. Dies entspricht 0,0003 MBit/s! Selbst unter idealen Bedingungen konnte man die Texte während der Übertragung noch am Bildschirm mitlesen. Multimediale Inhalte wie Grafik oder Ton wurden nicht übertragen, Video war noch undenkbar.
Neben Mailboxen war Bildschirmtext sozusagen der öffentliche Weg und eine weitere Möglichkeit seinen Computer mit anderen zu vernetzen. Es handelte sich um ein geschlossenes Netzwerk, seinerzeit betrieben von der Bundespost. Einer der ersten angebotenen Dienste war damals bereits das Online Banking. Auch meine örtliche Volksbank bot es bereits an.
Trotzdem war ich damals meiner Zeit wohl etwas voraus – insbesondere den Mitarbeitern der Volksbank. Diese konnten mit meinen Fragen bezüglich “Online Banking” rein gar nichts anfangen. Gemeinsam haben wir die passenden Anträge herausgesucht und selbst die zuständige Technik-Abteilung der Volksbank hat mir damals noch telefonisch Rückfragen gestellt.
AOL, T-Online und das WWW
Die technischen Möglichkeiten im PC-Bereich entwickelten sich rasant weiter und die Übertragungsgeschwindigkeit der Modems wurde immer größer. Das war die Zeit der großen Onlinedienste wie AOL, Compuserve und T-Online. Diese boten ein eigenes, geschlossenes Ökosystem mit E-Mail, Chatboard und schwarzen Brettern. Es ware ein eigene bunte Welt auf dem PC. Anwenderfreundlich und mit dicken Knöpfen zu drücken.
Ein eigener Kosmos, der so nichts mit dem eigentlichen Internet zu tun hat. Daneben gab es auch Zugriff auf ausgewählte Internet-Newsgroups, die weltweite Version der schwarzen Bretter. Und es gab eine Funktion, die nannte sich schlicht “Internet”.
Es öffnete sich ein spezieller Browser innerhalb der AOL-Software und rief eine Startseite auf. Es war ziemlich langweilig, wenn man zuvor die farbenfrohe Welt von AOL gewohnt war. Die Seitenaufrufe ware langsam, die Internetseiten sehr schlicht gestaltet.
Auch das Angebot war zu diesem Zeitpunkt noch knapp. Nur wenige große und namhafte Firmen hatten bereits eine Internetseite. Ich war damals ziemlich ernüchtert von “diesem Internet” und bin zunächst in meiner AOL-Welt geblieben. Doch das Internet änderte sich rasant.
Ich wechselte von AOL zu T-Online. Zwar hatten auch diese eine eigene Onlinewelt, aber für mich stand das “richtige” Internet, das WWW nun im Vordergrund. Der Onlinedienst war von nun an nur noch für die eigentliche Einwahl zuständig. Die Inhalte lieferte mir seitdem das Internet.
Mehr Bandbreite – mehr Möglichkeiten
Die Bandbreite wuchs von Jahr zu Jahr. Und mit der Bandbreite wurden auch die Inhalte immer multimedialer. Erst wurden die Seiten mit grafischen Inhalt aufgewertet, dann kam Ton hinzu. Mit entsprechenden Bandbreite wurden Videos ein zentrales Element im Internet. YouTube ist heute die zweitgrößte Suchmaschine der Welt!
In den Gesprächen mit den Bürgern wurde oftmals das Argument genannt “16 MBit/s reichen mir. Ich brauche nicht mehr, damit kann ich alles machen.” Zugegeben – in vielen Fällen reichen 16 MBit/s momentan auch aus, aber bereits mittelfristig wird dies nicht mehr der Fall sein.
Seit Beginn des Online-Zeitalters steigt die Bandbreite kontinuierlich. Der Weg ging immer nur nach oben. Und ich wüsste auch keinen Grund, warum sich dies jetzt ändern sollte. Im Gegenteil. Mit der Glasfasertechnologie und speziell FTTH steigt die Bandbreite nochmals drastisch an.
Es steht ein regelrechter Technologiewechsel ins Haus. Für Privatanwender ist dieser mindestens vergleichbar wie der Sprung vom analogen Modem zur DSL-Technik. Das technisch ausgereizte Medium Kupfer wird durch die Glasfaser ersetzt, die mit Bandbreiten ab 100 MBit/s vermarktet wird. Was technisch aber erst der Anfang ist. Schon heute lassen sich 1.000 MBit/s auch für Privatpersonen zu bezahlbaren Preisen realisieren.
Das Thema Bandbreite hat auch etwas vom Henne-Ei-Problem. Was war zuerst da? Die verfügbare Bandbreite oder die passenden Anwendungen.
Beispiel Video-Streaming:
Fehlende Bandbreite behindert den Durchbruch von Videostreaming im Massenmarkt, da zu wenige Kunden das Angebot nutzen können. Wenige Kunde bedeuten natürlich auch weniger Einnahmen.
Erst wenn eine ausreichend große Bandbreite vorhanden ist, lassen sich darauf aufbauend Angebote für die Kunden aufbauen. Qualitätsstufen wie TV in UHD (Ultra-High-Definition, Stichwort 4K) werden erst mit entsprechender Bandbreite überhaupt erst möglich.
Netflix beispielsweise setzt 25 MBit/s für das Streaming in UHD voraus: https://help.netflix.com/de/node/13444
Jedes Jahr 50% mehr Bandbreite
In Anlehnung an das mooresche Gesetz, wonach sich die Leistungsfähigkeit der Computer-Prozessoren alle 18 Monate verdoppelt, wurde das “Nielsen’s Law” beschrieben. Wobei es sich in beiden Fällen nicht um Naturgesetze im eigentlichen SInn handelt, aber die Entwicklung bestätigte die jeweiligen Theorie.
Jakob Nielsen hat festgestellt, dass sich die Bandbreite beim Endkunden jedes Jahr um 50% erhöht. Auf Basis der historischen Entwicklung zeigt sich diese Entwicklung:
Die Entwicklung zu hohen Bandbreiten ist weiterhin ungebrochen. FTTH – Glasfaser bis in Haus – ist lediglich der nächste Schritt in dieser Entwicklung.
Hier der Link zum kompletten Artikel: https://www.nngroup.com/articles/law-of-bandwidth/
Upload ist der neue Download
In der Vergangenheit war es immer wichtig, dass der Download möglichst hoch ist, um Daten aus dem Netz herunterladen zu können. Der Trend kehrt sich um – Internet 2.0, soziale Medien, die Nutzung von Cloud-Diensten sorgen dafür, dass jeder Einzelne immer mehr Daten ins Netz hinein bringt.
Ein jeder wird zum Autor, liefert Inhalte und das Ganze multimedial. Dafür ist eine entsprechende Bandbreite im Upload unabdingbar. Symmetrisch lautet das Schlagwort. Während bei (V)DSL Up- und Download unterschiedlich (unsymmetrisch) sind, ist dieses Verhältnis bei der Glasfaser in der Regel symmetrisch.
Bandbreite ist die Basis für alle kommenden Anwendungen. Und viele Anwendungen können wir uns gar nicht vorstellen, schlicht weil sie noch nicht realisiert wurden. Umgekehrt waren heutige Anwendungen vor wenigen Jahren aufgrund der begrenzten Bandbreite überhaupt nicht vorstellbar.
Wäre die Entwicklung bei 28.800 Modem stehen geblieben gäbe es kein Netflix. Meine Videothek um die Ecke hätte das sicherlich gefreut. Diese – und nahezu alle anderen Videotheken – wurden von Netflix, Amazon Video und Maxdome faktisch ausgelöscht. Voraussetzung für die Entwicklung der Streamingdienst war eine entsprechende Bandbreite beim Kunden zuhause.
Angebot muss auch genutzt werden, damit Investitionen sich rechnen
Mal angenommen Tesla würde nur innovative Autos bauen und diese im Showroom ausstellen. Dann könnten sich alle Interessenten die Nase platt drücken und sich an der schönen Technik erfreuen. Das bringt aber das Thema E-Mobilität nicht weiter!
Privatpersonen sowie Firmen müssen Geld in die Hand nehmen und in diesem Fall auch die gebauten Autos kaufen. Nur so rechnen sich die hohen Investitionen für die Anbieter.
Bei den Internet-Tarifen ist es genau das gleiche – der Kunde muss das Angebot auch annehmen.
Bei der Glasfaser gibt es noch eine Besonderheit. Die bereits heute angeboten Bandbreiten sind teilweise schon so hoch, dass konkrete Anwendungen für solche Bandbreiten noch fehlen.
Da ist es wieder – das Henne-Ei-Problem. Die Anbieter könnten mit datenintensiven Dienste noch gar nicht zum Kunden, weil die Bandbreite dort noch nicht verfügbar ist. Umgekehrt sieht der Konsument noch keine Notwendigkeit zu investieren, weil entsprechende Angebote noch gar nicht auf dem Markt sind.
Für viele Kunden reicht aktuell eine Bandbreite von 16 MBit/s aus. Wem 50 MBit/s zur Verfügung stehen, hat das Ziel der Bundesregierung für 2018 schon erreicht. Bürger, denen noch höhere Bandbreiten z. B. über einen Kabelanschluss zur Verfügung stehen, sehen aktuell überhaupt keinen Bedarf sich einen FTTH-Anschluss zuzulegen – und ggf. noch einen Aufpreis zu bezahlen.
Während es in den Randgebieten verhältnismäßig(!) einfach war die Bürger von FTTH zu überzeugen, sah die Sache in den Ortskernen schon ganz anders aus. 6 bis 16 MBit/s waren vielerorts verfügbar. In meinem Neubaugebiet hatten sich viele Nachbarn für VSDL50 entschieden. Es war harte Überzeugungsarbeit pro FTTH, da die Notwendigkeit zum Wechsel nicht gegeben war.
Viele Bürger mussten regelrecht in Einzelgesprächen von der Sinnhaftigkeit des Glasfaserausbaus überzeugt werden. Wenn dann noch mehr Geld abverlangt wurde, war oftmals der Ofen gleich aus – mehr zahlen geht überhaupt nicht.
Fazit
Die Technik entwickelt sich immer weiter und dies seit Jahrzehnten. DSL war ein Riesensprung, um auf der vorhandenen Kupferinfrastruktur über viele Jahre eine immer größere Bandbreite zur Verfügung stellen zu können. Denn diese war ursprünglich nur dafür gedacht Sprache zu übertragen, keine Daten.
Die Glasfaser ist der nächste Technologiesprung, welcher unmittelbar vor der Tür steht. Die schon heute verfügbaren Bandbreiten sprengen zur Zeit noch für viele Bürger den notwendigen Rahmen. Die inzwischen oftmals gut ausgebaute Infrastruktur mit Kupfer oder Koax bietet vielerorts praxistaugliche Übertragungsgeschwindigkeiten – für heutige(!) Anwendungen.
Aber dies ist nur eine Momentaufnahme. Die aktuell verfügbaren Bandbreiten werden bereits morgen, spätestens übermorgen nicht mehr ausreichend sein. Und dann steht der Technologiewechsel auf Glasfaser ins Haus. Wenn sich heute also bereits die Chance bietet, einen Glasfaseranschluss zu erhalten, dann sollte man auch heute bereits zugreifen. Mit einem FTTH-Anschluss ist man definitiv für die Zukunft gerüstet.
Ich bin jedenfalls froh, dass in den 80ern niemand sagte “0,0003 MBit/s – das reicht. Wir können jetzt weltweit Texte übertragen.”
Google, ebay, Amazon, YouTube, Facebook, Twitter, … kurzum das gesamte Internet – eine zeitgemäße Bandbreite war stets die Basis für neue Entwicklungen.
Die zukünftige Entwicklung des Internets – mit Glasfaser bis zum Endkunden – wird mit Sicherheit ein sehr spannendes Thema in den kommenden Jahren werden. Ich freu’ mich drauf!
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Schöner Bericht. *daumenhoch*
Vielen Dank!
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